Die neue IVDR im Überblick

Die neue Verordnung für IVD (IVDR)

Vorspann: Kurzer Einblick in die neue Verordnung für In-vitro-Diagnostika (IVDR)

Nach einer fünfjährigen Übergangszeit gilt ab 26. Mai 2022 die neue EU-Verordnung 2017/746 für In-vitro-Diagnostika (In-vitro-Diagnostic Regulation, IVDR), die die Herstellung und Anwendung von In-vitro-Diagnostika (IVD) reguliert. Unter Berücksichtigung des wissenschaftlichen Fortschrittes in der Medizin soll die IVDR die klinische Sicherheit verbessern und ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts für In-vitro-Diagnostik-Produkte gewährleisten.1

Was ist die IVDR?

Die IVDR ersetzt die EU-Richtlinie RL 98/79/EG für IVD (In-vitro-Diagnostic Directive, IVDD), die seit 1998 die regulatorischen Anforderungen für in-vitro-Diagnostika in der EU vorgibt und die in Deutschland durch das Medizinproduktegesetz (MPG) in nationales Recht umgewandelt wurde. Die neue IVDR ist keine Richtlinie, sondern eine Verordnung, die ab 26. Mai 2022 als direkteste Form der EU-Gesetzgebung unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten gültig und anzuwenden ist.2

Was wird zukünftig unter der IVDR reguliert?

In der EU reguliert die IVDR die Herstellung und Anwendung von IVD und richtet sich in erster Linie an deren Hersteller und Händler.

Abb. 1: Definition eines In-vitro-Diagnostikums gemäß IVDR3

Mit dem Übergang von der IVDD erweitert die IVDR den Begriff der In-vitro-Diagnostika: Auch Software zählt als IVD, wenn sie für medizinische Zwecke genutzt wird.3 Der erweiterte Anwendungsbereich der IVDR schließt zudem folgende Produkte mit ein:

 

Therapiebegleitende Diagnostika werden damit erstmalig in der neuen EU-Verordnung für IVD erwähnt und somit regulatorisch erfasst (IVDR Artikel 2 (7)).3 Sie spielen mittlerweile eine große Rolle in der personalisierten Medizin: Das Testergebnis entscheidet dann darüber, ob das Medikament für Patient:innen geeignet ist oder nicht. Die Onkologie bedient sich genetischer Untersuchungen mit Tumormarker als Companion Diagnostics.

Auch Tests aus Eigenherstellung in Gesundheitseinrichtungen, die Laboratory Developed Tests (LDT) oder Inhouse-IVDs, unterliegen künftig der IVDR. Sobald ein Labor beispielsweise ein Analyse-Kit für eine Fragestellung außerhalb des vom Hersteller angegebenen Verwendungszweck anwendet, wird das modifizierte Verfahren zum LDT und das Labor zum Hersteller. Grundsätzlich dürfen LDTs nicht im industriellen Maßstab hergestellt werden.3 Während die IVDD keine Anforderungen an LDTs beschreibt, harmonisiert die IVDR nun erstmals europaweit die Anforderungen an die Herstellung und die Verwendung von LDTs.4

Weitere Details zu den Anforderungen an LDTs finden Sie unter Bedeutung der IVDR für LDTs [link to Site ID 1514].

Abb. 2: Neuer europäischer Rechtsrahmen für LDTs (Inhouse-IVDs)4

Gemäß Artikel 1 gilt die neue IVD-Regulation jedoch nicht für Produkte für den allgemeinen Laborbedarf oder allein für Forschungszwecke bestimmte Produkte (research use only, RUO). RUO-Produkte grenzen sich von In-vitro-Diagnostika dadurch ab, dass ihnen die medizinische Zweckbestimmung fehlt.3

Neue Klassifizierung: 4 risikobasierte IVD-Klassen

Die IVDR teilt die In-vitro-Diagnostika anhand von 7 Klassifizierungsregeln in 4 Risikoklassen ein. Die Regeln basieren auf der Zweckbestimmung und dem Risikoprofil des Produktes und befinden sich im Anhang VIII (Klassifizierungsregeln) der IVDR. Im Sinne der Patientensicherheit umfasst Risikoklasse A Produkte mit geringem Risiko und Klasse D Produkte mit dem höchsten Risiko.3 Gemäß Regel 3 des Klassifizierungssystems sortiert die IVDR Produkte zur Vorsorge, Diagnose oder Stadieneinteilung von Krebs (z.B. Tumormarker) automatisch in die Risikoklasse C ein.1

Abb. 3: Risikoklassen der neuen In-vitro-Diagnostika-Verordnung (IVDR)1

Die Risikoklasse entscheidet das Konformitätsverfahren: Mit steigender Risikoklasse steigen die Anforderungen an die Konformitätsbewertung für die Hersteller von CE-IVD.1,5

Die Konformitätsbewertung ist essenziell für die Markteinführung

Im Sinne der Patientensicherheit müssen die IVD-Hersteller in einem Konformitätsbewertungsverfahren nachweisen, dass ihre Produkte aller Risikoklassen den Sicherheits- und Leistungsanforderungen der IVDR (Anhang I) entsprechen. Mit der IVDR erfordern Produkte ab Risikoklasse B in diesem Prozess die Einbeziehung einer unabhängigen Zertifizierungsstelle, der Benannten Stelle.3 Diese erstellt für konforme Produkte ein CE-Zertifikat und am Ende des Prozesses steht die Konformitätserklärung des Herstellers als Voraussetzung für das Inverkehrbringen des Produktes auf den EU-Markt.

Weitere Änderungen der IVDR im Überblick

Die neue IVD-Verordnung führt wesentliche Änderungen des Rechtsrahmens für In-vitro-Diagnostika ein. Die Hersteller müssen sich erhöhten Anforderungen stellen und zahlreiche der nun gesetzlich vorgeschriebenen Konformitätsbewertungsverfahren rechtzeitig durchführen. Die Benannten Stellen überwachen verstärkt, ob die IVD-Produkte vor dem Inverkehrbringen auf dem EU-Markt die Sicherheits- und Leistungsanforderungen erfüllen. Hinsichtlich Herstellung, Leistung und Sicherheit der Produkte verlangt die IVDR umfangreiche Nachweise und technische Dokumentation. Ein Bericht zur Leistungsbewertung liefert regelmäßig den klinischen Nachweis des Produkts und schließt Daten aus Marktbeobachtungen mit ein. Der Bericht wird für IVDs aus der Risikoklasse C und D mindestens jährlich aktualisiert.3